13. Juli 2015

Tanger: Flüchtlinge werden aus Häusern vertrieben

„Das Leben in Tanger ist hart geworden“, schrieb mir Ebrima soeben in einer kurzen E-Mail. „Ich schlafe seit drei Tagen auf der Straße, viele Menschen sind hier obdachlos.“ Anfang Monat räumte die Marokkanische Polizei die von Flüchtlingen bewohnten leerstehenden Häuser in Tangers Vorort Boukhalef (siehe Am Fuße der Festung, S. 202). Ein junger Mann kam dabei in Folge der Polizeigewalt ums Leben und ein weiterer wurde schwer verletzt. Rund vierhundert Menschen wurden verhaftet und in verschiedene Städte im Süden des Landes abgeschoben.
Unzählige Flüchtlinge, welche den Verhaftungen entkamen, leben seither unter schwierigsten Bedingungen in Tanger auf der Straße. Darunter auch Ebrima aus Gambia, welcher in Am Fuße der Festung von seiner abenteuerlichen Suche nach einem Ort zum friedlich Leben berichtet – über Südafrika nach China und zurück, weiter nach Marokko, wo er bis heute gestrandet ist. Als ich ihn das letzte Mal in Tanger traf und ihm erzählte, dass ich nach Mittelamerika reisen werde, sagte er: „Erzähle mir dann, wie es dort ist, vielleicht gehe ich da auch bald hin und nehme die letzte Grenze auf mich.“ Er dachte darüber nach, von Gambia nach Mittelamerika zu fliegen und in Mexiko zu versuchen, den Grenzzaun der USA zu überwinden. „Dann hätte ich alle Grenzen dieser Welt gesehen.“

Eine gute Zusammenfassung auf Englisch gibt es auf dem Blog von NoBorders Morocco: https://beatingborders.wordpress.com/2015/07/02/update-from-boukhalef-large-scale-evictions-and-mass-deportations/